Erst seit einem Tag haben wir unseren neuen Reisehund Tuco und versuchen uns an unserer ersten längeren Fahrt. Was soll ich sagen, mit einem solch entspannten Hund haben wir nicht gerechnet. Er schläft die gesamten 300 Kilometer nach Churchill Falls einfach durch. Nur einmal macht er sich bemerkbar und wir machen eine längere Pause auf halbem Weg. Ob das so bleiben wird, muss sich aber erst zeigen.


In Churchill Falls können wir am Town Center übernachten. Kostenfreie Duschen, Toiletten, WIFI und ein subventionierter Supermarkt lassen uns nicht lange darüber nachdenken. Zwar gibt es im Umfeld wundervoll gelegene Stellplätze, aber der Parkplatz vor dem Town Center von Churchill Falls reicht uns vollkommen.

Churchill Falls ist eine Firmenstadt. Bis auf den Pub, die Tankstelle und die Lodge gehört alles der Firma Nalcor, die hier ebenfalls das Wasserkraftwerk „Churchill Falls“ betreibt.
Im Dorf leben hauptsächlich die Mitarbeiter von Nalcor mit ihren Familien. Ausnahmen sind die Angestellten der dazugehörigen Services wie Polizei, Hotel etc. Dauerhaft sind das insgesamt um die 650 Bewohner. Im Sommer kommen temporär weitere 150 bis 200 Personen dazu, da die Anlage nur im Sommer gewartet werden kann.
Die Mitarbeiter dürfen in den Häusern für 100 kanadische Dollar im Monat wohnen. Man geht davon aus, dass die Mitarbeiter woanders ein Zweithaus unterhalten.
Da hier im Winter um die drei Meter Schnee liegen, gibt es pro Straße nur auf einer Seite eine Reihe Häuser, denn auf der anderen Seite wird der geschippte Schnee deponiert.

Das Wasserkraftwerk hat keinen großen Staudamm. Das knapp 7000 Quadratkilometer große Smallwood Reservoir wird mit 88 Deichen auf insgesamt 65 Kilometer Länge gehalten. Der höchste Deich ist nur 36 Meter hoch. Mit den Deichen wurde auch der Churchill River umgelenkt, so dass heute am Churchill Wasserfall deutlich weniger Wasser fließt.




Anstatt dessen ist 25 Kilometer entfernt das Churchill Falls Wasserkraftwerk gebaut worden. Hier fällt das Wasser 300 Meter in die Tiefe, wo mitten im Fels die Generatoren bis zu 5,4 Megawatt Strom erzeugen, der durch Labrador nach Quebec und von dort in die USA geliefert wird. Das Wasser fließt dann wieder zurück in den Churchill River.


Für die Provinz ist es allerdings nicht sehr lukrativ. Während Quebec am Strom von Churchill Falls jährlich um die 1,7 Milliarden kanadische Dollar verdient, bleiben Labrador und Neufundland nur 63 Millionen. Quebec hat sich in guten Verhandlungen für 65 Jahre stabile Preise verhandelt, die heute alles andere als Marktüblich sind. Mehrere Versuche dagegen zu klagen sind bisher gescheitert.

Die Menschen in Churchill Falls sind aber augenscheinlich mit ihrem Leben sehr zufrieden. Sie erfreuen daran, dass am Canada Day (1. Juli) noch kaum Insekten da sind. Die Einwohner haben nicht umsonst Ganzkörper-Anti-Moskito-Anzüge Zuhause. Der letzte Schneefall ist erst sechs Tage her, es wird noch ein paar Tage dauern, bis die Anzahl der Blackflies und Moskitos zu ihrer vollen Pracht anwächst.

Wir dürfen beobachten, wie nach einem Autokorso (sie nennen es Parade) zur kanadischen Nationalhymne die Flagge aufgezogen wird und werden sogar zum Canada Day Barbecue eingeladen. Mittlerweile sind auch Daniel und Isabell aus der Schweiz eingetroffen und wir bleiben gemeinsam noch ein paar Tage an diesem vermeintlich uninteressanten Ort.

Leider können wir das Kraftwerk nicht besuchen, denn der Aufzug zur Generatorstation ist kaputt. Daher erkunden wir die Region auf eigene Faust. Wir schauen uns an, wo das Wasser ins Kraftwerk fließt und wo es wieder herauskommt. Wir fahren auf den Deichen und besuchen auch den Churchill Wasserfall. Dass hier alles nach Churchill benannt ist hat einen einfachen Grund. Churchill hat damals die Verbindungen zu einigen der Investoren für dieses enorme Projekt, fernab von jeglicher Zivilisation mit den widrigsten Wetterbedingungen, hergestellt.
Wir nutzen die Zeit an einem Ort auch um uns aneinander zu gewöhnen. Tuco ist ja noch neu im Hause und muss lernen, dass der Defender sein neues Zuhause ist. Erst nach 5 Tagen machen wir uns von Churchill Falls weiter auf den Weg nach Labrador City.

Während wir Kilometer machen, schläft Tuco friedlich auf seinem Platz oder auf Claudias Schoß. Wenn er unruhig wird, machen wir eine Pause und spielen mit ihm. Auch Pistenfahren macht ihm nicht viel aus. Nur wenn die Piste längere Zeit wirklich rau wird, wird er etwas ungeduldig. Daher lassen wir ein paar abenteuerliche Strecken sausen.





Nach schlussendlich 10 aufregenden Tagen in Labrador geben wir in Wabush unser Notfall-Satelliten-Telefon wieder ab und verlassen den spannenden Trans-Labrador-Highway nach Quebec.